Zwei Männer sitzen am Straßenrand und schreien aus Leibeskräften. Was war geschehen? Warum schreien sie so sehr? [teaserbreak]Blind, was für eine schreckliche Diagnose. Nichts geht mehr, austherapiert. Es gibt keine weiteren Behandlungsmöglichkeiten. So trafen sich zwei Männer mit gleichem Schicksal. Abfinden mit der Diagnose, keine Arbeit mehr, abhängig von der Unterstützung der Familie. So sitzen sie am Straßenrand. Sie hören dem Lärm des Verkehrs und der Menschen zu und doch nahmen sie ihn eigentlich gar nicht wahr. Ihre Gedanken kreisen um ihre Zukunft und das alles, was sie nicht mehr tun können, als sich der pulsierende Lärm der Straße verändert und sie aus ihren kreisenden Gedanken riss.
Gesprächsfetzen komen an ihr Ohr. Wer ist die hochgestellte Persönlichkeit, die hier entlang kommt? Menschen stritten über theologische Spitzfindigkeiten, während Kinder schreien und Menschen kreischen. Was nur ging da gerade ab? Sie reckten die Köpfe und lauschen.
Dann geschah es, das entscheidende Wort war gefallen. Der Meister geht auf dieser Straße an ihnen vorbei. In dem Moment ihrer Wahrnehmung flammt neue Hoffnung auf. Hatten die Menschen nicht von ihm erzählt? Unmögliches sollte möglich sein, seine Hände können heilen. Er kann alles. So und so ähnlich erzählten die Menschen von ihm. Doch wie sollten sie bei all dem Geräusch und Lärm, der hörbar riesigen Menschenmenge auf sich aufmerksam machen? Schreien?
Und so saßen sie am Straßenrand und fingen, wie auf Kommando, an mit schreien. Sie schrien so laut sie konnten: Meister, hilf uns bitte. Die vorbeilaufenden, Menschen stutzen und verboten ihnen zu schreien. Aufhören, nur nicht den Meister stören. Der Meister ist beschäftigt und hat für euch keine Zeit. Ihr seid nicht wichtig. So und so ähnlich argumentierten die gesunden Menschen um sie herum. Aufhören mit schreien? Nein!
Und je mehr die Menschen versuchen sie zum Schweigen zu bringen, umso lauter ist ihr Schrei. Ihre zwei Stimmen müssen ihre fehlenden Augen ersetzen. Nur nicht aufhören, ist er vorbei, dann ist alles vorbei. So schwoll der Chor der Stimmen immer weiter an. Die beiden blinden Männer schrien und die Menschen um sie herum schrien die beiden an. Dann plötzlich Ruhe. Absolute Ruhe, wäre eine Stecknadel zu Boden gefallen, sie wäre gehört worden. Die Blinden stoppen ihren Ruf irritiert. Waren die Menschen weg? Dabei spüren sie die Anwesenheit der Menschen, warum also die Stille? Während sie noch in die Stille hineinlauschen, hören sie eine klare Stimme und die Aufforderung zu kommen.
Diese Stimme zog sie an, als wäre ein unsichtbares Band geknüpft, so folgen sie ihr bis sie vor ihm standen. Das musste er sein, sie zogen die Luft durch die Nase, ihre Köpfe versuchen ein Bild von ihm zu zeichnen.
“Was wollt ihr, was soll ich euch helfen?” war seine Frage. Aufregung und Nervosität will sich breit machen, die Kehle ist wie zugeschnürt, als sie mühsam hervorbrechen: “Wir wollen sehend werden.” Es ist nur ein Moment des schweigens, doch für die beiden Blinden Männer ist es eine Ewigkeit. Wird er helfen, stimmen die Geschichten die erzählt wurden? Doch alles das ist nur ein Bruchteil, als sie nacheinander seine Hände in ihren Gesichtern spüren. Es ist ein angenehmes Gefühl, von ihm berührt zu werden. Sanft streicht er über ihre Augen. Als sie sie wieder öffnen, sehen sie sein Gesicht.
Dieses Gesicht, es war als würden sie neu geboren. Sie sahen sein Mitleid und den Wunsch ihnen zu helfen. Noch nie hatten sie in solche Augen der Liebe geschaut. Unter lautem Jubel stimmten sie in die nun wieder lärmende Menge mit ein.